Die Bundestagswahl 2021

Ein Kommentar.

In diesen Tagen hörte ich das Lied von den Toten Hosen – „Venceremos“. Das mache ich oft, wenn ich unterwegs bin und Flyer verteile oder mich für den Tür-zu-Tür Wahlkampf einstimme. Der Song ist recht simple. Die Revolution ist gescheitert, es sitzen alte Punks in Havanna auf einer Mauer und betrachten ein Schild von Fidel Castro mit dem Spruch: „Venceremos- Wir werden Siegen – irgendwann einmal – doch es wird ein langer Kampf“.

Zugegeben der Text ist leicht aber in Kombination mit der Melodie, mag ich ihn wirklich gerne. Er soll mich motivieren weiter zu machen und alles zu geben. Mehr nicht.

In diesen Tagen steht seit ewigen Zeiten die Bundes SPD vor der Union und vor allen anderen Parteien. Da muss man schon länger in sich gehen, um zu herauszufinden wann dies das letzte Mal so war. 

Umfragewerte sind keine Wahlergebnisse

Dennoch, es kann viel passieren und Umfragewerte sind keine Wahlen. Das hört man auch immer wieder im Wahlkampf. Aber die Stimmung ist gut, so gut wie im Kommunalwahlkampf in Neuss. Die Menschen, mit denen man spricht, haben wieder Lust zu Diskutieren. Welchen weg sollen wir einschlagen? Welcher ist der Beste für uns und unser Land?

Die Bundestagswahl 

Der 26.September 2021, die Spannung steigt und irgendwie ist man froh. Froh zu wissen, dass die SPD nicht verlieren wird, nicht wieder der sein wird, der die Arbeit leistet und nicht dafür die Anerkennung erhält. Aber wird es reichen um eine Wende nach 16 Jahren Merkel zu schaffen? Die Themen sind erdrückend, es scheint als knarzt es an alle Ecken und Kanten. Umwelt, Bildung, Digitalisierung, Investitionen in allen Bereichen, Forschung, Arbeitsmarkt, Rentensystem, Kranken- und Pflegesystem, Bundeswehr und so weiter. Die Liste ist lang.

18:00 Uhr die erste Prognose CDU/CSU: 25% und SPD: 25%, FDP: 11%, Grüne: 15%, Die Linke: 5% (andere wie AFD/Freie Wähler: 19%, lasse ich mal weg). Fragende Gesichter und alle denken scheinbar das gleiche: „Und nun?“.

Es ist klar, dass die GroKo abgewählt ist. Die Union verbucht hohe Verluste und die Wahlsieger scheinen SPD, FDP und die Grünen zu sein. Das ist erst mal gut. Ein „Weiter so!“ kann und darf es nicht geben!

Freude will erst mal nicht aufkommen, wegen des Ergebnisses oder vielleicht weil man nicht mehr weiß, wie man einen Sieg einer Bundestagswahl feiern soll. An diesem Abend wird aber deutlich, wohin es gehen soll.

Der letzte Akt beginnt…

Wie ist das alles einzuordnen? Das kann am besten in der „Elefantenrunde“ die eine Mischung aus Talkshow und Politischen Tinder ist. Die Elefantenrunde hielt was sie versprach, eine Bankrott Erklärung der Unionsparteien in Vertretung von Armin Laschet und Markus Söder, aber auch von Anna Lena Bearbock, sie verkündet das schlecht-bestmögliche Ergebnis. Vor Sechsmonaten lagen die Grünen noch bei +20 %. Die Partei, die Grünen haben riesige Fehler gemacht, aber nicht zu letzt durch ihren Ego-Trip, haben sie das Ergebnis nach unten korrigiert. Obgleich ich ihr auch in einigen Punkten zustimme und auch der Meinung bin, dass einiges erneuert und neu gedacht werden sollte. 

Das Bundestagsergebnis unterscheidet sich schon. Der Unterschied zwischen den beiden „großen“ Parteien beträgt 1,6%. Das ist für die Union ein Verlust von – 8,8% und die Sozialdemokraten konnten + 5,2% hinzulegen. Beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Sozialdemokraten ebenfalls vor sechs Monaten bei ca. 16-18% standen. Eher weniger. Bei manchen Umfrageinstitute, waren es sogar nur 14-15%.

Das Schauspiel widerum in der „Elefantenrunde“, welches wir beobachten konnten, stand sinnbildlich für Armin Laschet. Er, aber nicht er allein, beschert der Union ein historisches Ergebnis und redet so daher, so dass man den Eindruck gewinnen konnte, er hätte doch irgendwie die Wahl gewonnen. Das war nicht so, bei weitem nicht so.

Die Ratlosigkeit in den Sozialen Medien nach seinem Auftritt war groß und es hörte in den Tagen danach nicht auf. Etwas zeigt sich jedoch immer mehr: Eine Idee für die Gesellschaft hat er nicht. Da war es ein Eigentor, wenn man öffentlich verkündet, dass man eine Zukunftskoalition schmieden will, welche aus FDP, Die Grünen und CDU/CSU besteht. Da muss man sich doch fragen, was ist in den letzten 16 Jahre passiert? Wohl nicht nichts, aber auch nicht viel

2021 ein Rückblick. Die Union versucht ihren Weg zu finden. Ein später Kandidatenvorschlag. Ein Kandidat, der von seinem Mitstreiter unentwegt sabotiert wird. Es war unwürdig, für uns alle, dies alles mit anzusehen.
Ein Wahlprogramm, was keine Antworten geboten hat auf unseren Zeitgeist und die Fragen, die daraus resultieren. Man bekam den Eindruck, dass große Wörter benutzt wurden um zu beschreiben, was man gerne machen möchte, aber nie konnte. Wieso? Das funktionierte nicht, denn die Union kommt nicht aus der Opposition, sondern bewegt sich dort hin.

Die SPD und findet ihre Kernkompetenzen wieder und auch das Vertrauen der Bürger:innen

Hingegen steht Olaf Scholz mit seinen Positionen nicht nur für ein junges, neues Deutschland. Vielmehr steht er auch für einen anderen Weg, in dem Beständigkeit ein wichtiges Gut ist, für viele. Wenige wünschen sich stärkere Wege, vielleicht auch etwas radikalere Wege.  Aber die Generation meiner Eltern hat entschieden, wer gewinnt und wer verliert.
Olaf Scholz und die SPD stehen für 400.000 neue Wohnung pro Jahr, 12€ Mindestlohn, Kindergrundsicherung, eine stabile Rente, eine industrielle Modernisierung und damit einher gute Arbeitsplätze. Da bekommt jeder eine Idee wohin Olaf Scholz will.

Die SPD hat außerdem aus den vergangenen Wahlen gelernt. Ob sie auch alles Verstanden hat, wird sich zeigen. Aber die Last, sich kleiner zu machen als sie ist, hat sie augenscheinlich abgelegt. Die Aufbruchs Stimmung muss man nun nutzen und sich für kommende Wahlen wappnen und weiterhin auf progressive Themen setzen. Die Welt ist im stetigen Wandel, sie macht nicht vor Deutschland und der Bevölkerung halt. Die Schatten von 2025 dürfen nicht größer werden, sie müssen eher kleiner werden.

Am Hermannsplatz hat haben sich die Wähler:innen für die SPD und Daniel Rinkert entschieden

In Neuss, im Besonderen „Am Hermannsplatz“ war der Wahlkampf davon geprägt, den Dialog mit den Anwohnerinnen und Anwohnern zu suchen. Dabei bekam man im Hochsommer eine leichte Vorahnung, zumindest im Kommunalwahlkampf, dass sich etwas bewegt. Vor vier Jahren waren die Ergebnisse noch eindeutig, Erst- wie Zweitstimme gingen an die CDU. 2021 sah dies nun anders aus. Ein hervorragender Bundestagskandidat Daniel Rinkert brillierte mit den Wähler:innen, aber auch die Bundesthemen waren eingängig und der Kernkompetenz der SPD war deutlich zu sehen. Der Hermannsplatz bleibt ein SPD Wahlkreis. Herzlichen Dank!

Die Sondierungen für eine Ampelkoalition aus SPD, FDP und den Grünen, ist ein neues Wagnis, weil es sowas noch nicht auf Bundesebene gegeben hat. Es bietet auch eine riesige Chance viele Themen anzufassen. Das wird ohne Kompromisse nicht klappen, jede Partei möchte sich wieder erkennen. 

Eine Revolution wird die Ampel augenscheinlich erst mal nicht, aber das muss sie auch nicht. Sie muss auf die Themen und  die Fragen die sich uns stellen, erst mal eine Antwort finden, das wird schon schwer genug.