Sozialismus-Debatte rund um den Jungsozialisten Kevin Kühnert

Nun konnte man vernehmen, dass sich in den letzten Tagen in den Medien oft aufgespielt wurde. Eine Welle der Empörung schien durch die ganze Republik zu gehen. Im Internet waren auf Memes „Alle Wege führen nach Moskau“ oder andere fragwürde Dinge zu lesen. An dieser Stelle möchte ich jedoch gern zwei Fragen stellen.

1.) Wer hat sich denn empört? War es der kleine Mann auf der Straße oder waren es doch andere?

2.) Wenn ein junger Mensch keine Visionen mehr äußern darf, wenn er nicht mehr über seine Art und Weise, wie er leben möchte, sprechen darf, wie nennt man nochmal diese Gesellschaftsform?

Am 1. Mai brachte „Die Zeit“ ein Interview mit Kevin Kühnert, Vorsitzender der Jusos (Jungen Sozialisten), heraus. Man kann schon bei der Frage „Was heißt Sozialismus für Sie, Kevin Kühnert?“ schon eher auf den Gedanken kommen, dass der Fragensteller die SPD eher in der Mitte sieht als im linken Spektrum. Aber nun ja, man kann es dem Interview-Partner nicht verübeln. Auch wenn die Bundes-SPD in den letzten Jahren ihre „Projekte“ alle durchbekommen hat, den Gesetzlichen Mindestlohn (9,19€ stand 2019), das Rentenalter mit 63 Jahren (1.Juli 2014), Leiharbeiter bekommen den gleichen Lohn wie Angestellte (Leiharbeit auf 18 Monate begrenzt), Mietpreisbremse und Sozialen Wohnungsbau mit Milliarden Euro gefördert ,die Grundrendrente (ist noch in Arbeit), so bekommt doch der geneigte Wähler eher den Eindruck, dass sich nichts bewegt. Aber das ist ebenso falsch wie die Wahl von Frau Merkel auf Lebenszeit.
Ganz im Gegenteil. Die SPD in Berlin macht schon ihren Job, jedoch liegt der Fehler eher in der Kommunikation. Wann haben Sie von der SPD in den letzten Jahren gehört, dass sie ihr Herzensprojekt durchbekommen hat? Na, fällt Ihnen keins ein? Erinnern Sie sich noch an die „Homo-Ehe“, als binnen von wenigen Tagen die Ehe von gleichgeschlechtlichen Paaren ermöglicht wurde? Das wurde gefeiert. Ein Sieg für die Gleichstellung der Ehe. Wurden andere Themen so hervorgehoben? „Leider nein, leider gar nicht!“
Die SPD ist sehr wohl links zu sehen. Es gibt bei einer solchen großen Partei aber mehr als eine Meinung, die diskutiert wird. Wie auch das Interview mit Kevin Kühnert. Es gibt und gab die Konservativen in der SPD, die bei dem Interview aus der Hose gesprungen sind. Aber möchte Kühnert wirklich BMW kollektivieren?
Ich bitte Sie, BMW bestimmt nicht unser aller Leben. Das würde auch zu weit gehen. BMW bestimmt das Leben von einigen wenigen wie z.B. den Anteilseignern, die mit ca. 1 Mrd. Euro Dividende rechnen können. Ist es nicht viel wichtiger, Wasserwerke, Stadtwerke etc. in staatlicher Hand zu lassen, denn “Privat vor Staat“ bringt doch meist Unheil, gerade bei diesen sensiblen Themen. Von 2005-2009 hatte sich die schwarz-gelbe Landesregierung in NRW dieses Paradigma auf die Fahnen geschrieben, was den damaligen Ministerpräsidenten Rüttgers wohl heute immer noch ärgert. Die damalige Landesregierung hat danach gehandelt und alles verscherbelt. Heute hat die Bevölkerung in NRW immer noch damit zu kämpfen, wenn es darum geht „das nicht mehr das Wünschbare gemacht wird, sondern nur noch das Notwendige“ (Zitat, Rüttgers, Sonderparteitag, 2005)
Was macht die neue schwarz-gelbe Landesregierung? Genau das Gleiche: Nach den alten Leitmotiven „Sozial ist, was Arbeit schafft“ und „Privat vor Staat“ gehen diese beiden Parteien eine Symbiose ein, die zwar heute Menschen in Arbeit bringt, die wiederum aber genau jene sind, die später im Armutsbericht auftauchen werden. Der Markt regelt sich eben nicht von selbst. Diese alte Weisheit hört sich sehr schön an, funktioniert jedoch in der Regel nicht. Denn dahinter verbirgt sich immer ungezügelte Marktradikalität.
Kevin Kühnert sprach auch von der Verteilung von Vermögen in Deutschland. Verstehen Sie mich nicht falsch, jeder soll das behalten, was er verdient hat. Ddas ist ein anderes Thema. Die Leistung, die ein Mensch durch Arbeit erbracht hat, soll sich auch im Gehalt wiederspiegeln, davon muss er dann sein Leben und gegebenenfalls das seiner Familie bestreiten können. Derzeit ist es aber so, dass genau diese Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer bis zu 50% ihres Nettoeinkommens aufwenden müssen, um ihre Miete zu bezahlen.
Aber was machen Menschen mit dem Geld, das Sie aus einer Dividende in Höhe von 1 Mrd. Euro erhalten? Ist es nicht absurd, so viel Geld zu besitzen, welches sie nicht mit ihrer Hände Arbeit erwirtschaftet haben?! Ich sage, dass das unsozial, ja, sogar unpatriotisch ist.
Darüber muss die Gesellschaft streiten können und dürfen. Aber fragen Sie sich doch einmal, wer den Stein ins Rollen gebracht hat? Die Menschen, die ihrer Arbeit nachgehen? Sicherlich nicht! Jene, die Angst haben, dass ihnen der Geldhahn zugedreht wird. Große Wohnungsunternehmen, zum Beispiel. Auch bei diesem Beispiel müssen wir wieder den Weg zurück zur sozialen Marktwirtschaft einschlagen. Das haben wir als Gesellschaft aus den Augen verloren. Es geht doch bei diesem Thema nicht darum, ob Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer etwas aufbauen und sich ein oder zwei Wohnungen erarbeiten, um diese dann zu vermieten. Vielmehr geht es um die Großen, die mit ihrer Wohnungspolitik ganze Familien unter massiven Druck setzen oder die Wohnungen erst gar nicht renovieren, weil sie Mittel zum Zweck sind. Weil damit spekuliert wird.
Wir als Gesellschaft müssen wieder zurückkehren zu einem offenen Diskurs auch über schwierige Themen, aber Verunglimpfung oder Verteufelung des Kommunismus als Schreckgespenst der Menschheit quer durch die Gazetten, bringt uns nicht weiter. Ganz im Gegenteil, es ist ein Rückschritt.
Wir täten gut daran, alle in der Gesellschaft zu beteiligen und niemanden zurückzulassen.